Die etwas andere Art des Weitwanderns

Nach dem Comer See folgen die beiden anderen großen Seen: der Luganer See und der Lago Maggiore. Ich tauche in eine Gegend ein, die im Gegensatz zum Comer See, vollkommen von Urlaubern erobert ist. Kein Wunder, es ist Mitte Juli! Damit verbunden ist natürlich wieder ein Unterkunftsproblem. Und was für eins! Das wird mir aber erst im Laufe der letzten Woche so richtig klar. 


Das nächste Ziel nach Menaggio soll Lugano sein. Es ist ein weiter Weg, aber gerade noch so an einem Tag zu schaffen. Die Schweiz möchte ich so gut wie möglich vermeiden, weil sie mir einfach zu teuer ist. Doch ganz geht das natürlich nicht.

Zuerst führt mich der Weg relativ flach zum Luganer See. Dann folgt ein Wanderweg am Hang entlang bis hinauf auf den Monte Bre. Leider ziehen im Laufe des Mittags einige Wolken auf und die Sicht ist nicht so gut wie erhofft. Über 1500 Stufen führen hinunter in die Stadt. Groß ist sie und ich verspüre die große Lust, gleich wieder aus ihr rauszuwandern. Mir sind es hier einfach zu viele Leute, zu viel Verkehr und zu hohe Häuser. Das bin ich einfach nicht mehr gewohnt! Ich muss einmal durch die ganze Stadt, um zu meinem Hostel zu gelangen. Es ist ein schöner Ort, an dem nichts mehr an eine große Stadt erinnert. Unter Palmen liegt die Villa und nebenan ist ein 20 m langer Swimmingpool. Hier lässt es sich gut aushalten! Ein weiteres Highlight für mich ist bestimmt die Küche. Ein sehr kleiner Raum mit 4 Herdplatten. Für über 30 Gäste natürlich viel zu klein. Dicht gedrängt wird in der Küche gekocht. Da ich wegen einer Nacht keine Schweizer Franken getauscht habe, kann ich nicht einkaufen gehen. Eine Kiste mit Lebensmitteln, die andere Gäste übrig hatten und nette Leute, die mir Salat und Käse schenkten, bescheren mir ein leckeres Abendessen. Wieder genieße ich die Atmosphäre in einem Hostel und die Tatsache, dass man immer Leute für einen netten Abend trifft. 


Der weitere Weg führt mich über den Monte Lema. Vom Gipfel habe ich eine tolle Sicht. Heute ist die Luft ziemlich klar. Ein Blick zurück zeigt mir noch einmal die östlichsten 4000er der Alpen, die Berninagruppe. Ein Blick nach Westen zeigt mir das Monte Rosa Massiv und dahinter spitzt sogar das Matterhorn hervor. Was für eine Aussicht! Und das verrückteste ist: neben den 4000ern sehe ich im Süden die Poebene und Mailand. Da sind die Alpen also zu Ende! 


Im Hostel in Lugano dämmert mir ein Problem. Rund um den Lago Maggiore und in einem großen Umkreis drum herum scheint ausnahmslos alles ausgebucht zu sein. Naja, für sehr viel Geld würde man bestimmt noch was bekommen. Für meinen Geldbeutel gibt es nur eine einzige Möglichkeit: das Hostel in Verbania. Wie ich später erfahre sind rund um Verbania sogar alle Campingplätze bis auf den allerletzten Stellplatz besetzt. Auch weiter bis zum GTA gibt es nichts mehr. Leider auch keine Hütten! Ein alternativer Plan muss her.


So wandere ich vom Monte Lema erst einmal hinunter zu Lago Maggiore. Im Gegensatz zu der schweizer Seite ist hier kein Mensch unterwegs. Niemand! Der Pfad ist nicht besonders ausgetreten, dafür aber sehr gut markiert und nicht zu verfehlen. Am See angekommen, fahre ich mit dem Schiff nach Verbania. Hier werde ich einige Nächte bleiben. Die nächsten zwei Etappen bis zum GTA möchte ich von hier aus machen. Da ich eigentlich einen Freund aus Karlsruhe treffen wollte und schon nicht stornierbar gebucht hatte, und früher als gedacht hier bin, werde ich wohl vier Nächte bleiben. Leider ist der Freund aus Karlsruhe krank geworden und kann nicht kommen. So plane ich zwei Wandertage und einen Tag am See. 


Das Hostel ist wieder eine schöne Villa etwas oberhalb vom See mit großem Park mit Palmen und Swimmingpool. Kein schlechter Ort für ein paar Nächte! Mittlerweile bin ich es gewohnt in großen Schlafsälen zu schlafen und bekomme Lärm kaum noch mit. Ein Beweis zeigt mal wieder eine lustige Geschichte am nächsten Tag:

Eine Frau setzt sich zu mir an den Frühstückstisch. Sie ist völlig fertig! Sie meint, sie hätte heute furchtbar geschlafen. Sie sei gestern Abend spät angekommen und in einen fast vollen Schlafsaal gesteckt worden. Um Mitternacht wollte sie noch einen Kaffee auf ihrem Campingkocher mitten im Zimmer kochen. Da schnauzt sie plötzlich jemand laut im Zimmer an. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Man muss wirklich nicht einen Campingkocher im Zimmer aufstellen und schon gar nicht um diese Zeit. Darauf hin sei wohl eine hitzige Diskussionen entstanden, die wohl alle wach gemacht hätte. Sie zieht ins Bad um und als sie zurück kommt, hält sie die ganze Nacht ein furchtbares Geschnarche vom Bett neben ihr vom Schlafen ab. Gerade von der Frau, die sich lauthals über den Camingkocher beschwert hat.

Ich meine daraufhin, dass es bei mir im Schlafsaal schön ruhig gewesen sei und ich super geschlafen habe. Als ich meine, dass heute fast alle abgereist seien, beschließt sie, zu mir umzuziehen. Mit großem Gelächter stellen wir fest, dass wir im selben Raum geschlafen haben. Nur ich hab alles verschlafen und nicht mal die Aktion mit dem Campingkocher mitbekommen! 

Dann erzählt sie mir ihre Geschichte. Sie wohnt in der Nähe von München und ist Straßenmusikantin. Immer, wenn ihr das Geld droht auszugehen, geht sie mehrere Wochen bis Monate auf Reisen um in Urlaubsregionen mit Straßenmusik Geld zu verdienen. Ein spannendes Leben, aber auf Dauer wäre das nichts für mich. Sie ist mittlerweile über 50 und liebt ihr Leben! Nur, dass sie ihre fünf Katzen nicht mitnehmen kann, findet sie schade.


Nun aber wieder zum Wandern. Was nun folgen soll, ist zwar nicht wirklich Weitwandern, aber es gibt keine wirkliche Alternative. Zu gehen und mit dem Bus zurück zu fahren, um am nächsten Tag wieder hin zu fahren, um weiter zu gehen, hat eher den Tageswanderungscharakter, für mich ist es aber gerade die beste Variante zum wirklichen Weitwandern. Die Etappe nach Omegna ist weniger spannend und geht fast immer eben am See und später am Fluss entlang. Die zweite geplante Etappe von Omegna nach Forno kann ich nicht wie geplant durchführen. Denn der Bus von Forno zurück fährt nur morgens um 6:45 und später nur samstags und donnerstags. Deshalb werde ich dann morgen von Omegna nach Form und noch weiter bis zum GTA gehen, ohne zurück zu müssen. Auch in Ordnung! So bleiben mir zwei freie Tage am Lago Maggiore. An einem Tag schaue ich mir Verbania an. Am anderen fahre ich nach Cannobio, einer sehr schönen kleinen Stadt mit verwinkelten Gassen, einer Promenade und einem Strand. Mittlerweile machen mir die vielen Urlauber nichts mehr aus. Trotzdem freue ich mich auf morgen und die Rückkehr in die Einsamkeit der Berge. 


Die Zeit an den drei Seen war sehr schön. Mein absoluter Favorit: der Comer See. Er ist deutlich schmaler als der Lago Maggiore, die Berge drum rum sind höher und die Küste deutlich steiler. Die Ortschaften sind hier malerisch an die Hänge gebaut worden. Und ein großer Pluspunkt: die Orte sind kleiner und die Touristen deutlich weniger. Hier gibt es keine großen Übernachtungsprobleme!