Tiersafari im Wienerwald

Jeden Tag habe ich bis jetzt eine Person getroffen, die eine große Weitwanderung gemacht hat oder wie ich gerade macht. Unglaublich! Denn viele Menschen habe ich nicht getroffen. 


Gestern beim Frühstück erzählt mir der einzige andere Gast eine unglaubliche Geschichte: Er wollte vor ein paar Jahren mit dem Fahrrad nach Spanien und dann weiter mit der Fähre nach Amerika. Am Mittelmeer an der Grenze zwischen Frankreich und Spanien an den Pyronäen will er einen Wandertag einschieben. Also fährt er zu einer Hütte mit dem Rad und schließt es am Blitzableiter an. Er besteigt einen 3000er und genießt die schöne Abwechslung. Aber nicht lange! Als er zur Hütte zurückkommt, ist das Fahrrad samt Blitzableiter weg! Was nun! Nach zwei Tagen der Entschluss: dann geht er eben zu Fuß weiter. Er besorgt sich die Ausrüstung und überschreitet im Winter den gesamten Pyronäenhauptkamm in 3 Monaten, bis er keinen Cent mehr übrig hatte. Doch er hatte es geschafft! Trampend geht es zurück nach München!


Nach dem Frühstück steige ich zum Peilstein auf und erreiche mein erstes Gipfelkreuz. Doch nicht auf dem meist begangensten Weg. Denn der führt über 100m höhe Wände. Immerhin hat der Peilstein über 750 verschiedene Kletterrouten. Doch heute bin ich ganz alleine hier oben. Nein, nicht ganz! In einer kleinen Hütte neben einer Boulderwand sehe ich zwei junge Leute. Ich nicke ihnen freundlich zu. Keine Reaktion. Sie sind wohl beschäftigt und wirken sehr konzentriert auf das Seil und den Klettergurt in ihrer Hand. Wahrscheinlich eine Einführung in die Sicherungstechnik. 


Ich lege mich auf die Bank und genieße die Ruhe und lausche den Vögeln. Auf einmal kommt ein Auto mit zwei Handwerkern. Sie gehen zum Peilsteinhaus. Doch das ist verschlossen. Sie fragen mich, ob ich jemand gesehen habe. Ich deute auf die kleine Hütte. Sie gehen dorthin, klopfen und kommen lachend auf mich zu: Das sind nur Puppen! Ich lache mit. Dann bin ich tatsächlich auf Schaufensterpuppen reingefallen! Sie gehören zu den Lehrpfad über das Klettern, der hier lang führt.


Gemütlich komme ich früh in der Pension zur Bruthenne in Weissenbach an, nichts ahnend, dass der heutige Tag dafür umso länger werden soll. Die netten Wirtsleuten helfen mir eine Unterkunft für heute zu finden. Doch alles scheint voll oder vor allem Ruhetag zu haben. Die nächste Unterkunft, die in meiner Richtung liegt, allerdings nicht auf dem Nordalpenweg, ist etwa 8.5 Stunden zu Fuß entfernt. 


In der Pension sind noch drei andere Wanderer. Zwei davon Pilger. Ich werde auch immer gefragt, ob ich ein Pilger bin. Das scheinen hier wohl die meisten Wanderer zu sein! Und tatsächlich noch ein anderer auf dem selbeselben Weg wie ich, dem Nordalpenweg. Er will in zwei Monaten nach Bregenz Wandern!


Es hilft nichts, früh geht es in den strömenden Regen hinaus. Es gießt in Strömen und hört erst nach 5 Stunden auf. Doch das weiß ich noch nicht. Zu Beginn ist das Wandern im Regen angenehm und nicht weiter störend. Je höher ich komme, desto kälter wird es. Weit von null Grad ist die Temperatur nicht mehr entfernt! Die Luft ist unglaublich feucht und nach einiger Zeit bin nicht nur ich klitschnass, sondern auch der Inhalt meines Rucksacks. Trotz Regenhülle! Pause machen geht kaum. Nach 5 Minuten friere ich in meinem nassen Sachen in der Kälte. Also weiter geht's! Insgesamt habe ich heute nicht einmal eine halbe Stunde Pause gemacht. Ich bin die 28 km und über 1000 Höhenmeter quasi am Stück durchgelaufen. Das hat mich doch ganz schon angestrengt! Vor allem die letzten 5 km Teer waren furchtbar.


Ich bin noch immer im Wienerwald. Doch die Hügel werden immer höher und die tief eingeschnittenen Täler lassen sie noch höher erscheinen. Den Schneeberg, den östlichsten 2000er der Alpen habe ich noch nicht gesehen. Dafür war das Wetter zu schlecht. Übermorgen soll er schon bestiegen werden. 


Heute begegne ich der Tierwelt im Wienerwald. Neben unglaublich dicken und teilweise bis zu 20 cm langen Nacktschnecken in allen Farben von weiß über braun bis schwarz und Blindschleichen, sehe ich Wild. Zuerst mindestens 20 Rehe, die vor mir wegrennen. Später noch mehrere Rehe, die einzeln unterwegs sind. Dann einen Hasen und sogar einen Fuchs! Ich hab noch nie einen Fuchs gesehen. Ich bleibe stehen und er rast 100 m vor mir über den Weg. Mann, ist der schnell!


Morgen geht es in die Berge zu der ersten Hütte. Ich freu mich schon drauf!

  

Eine Höhle am Wegesrand
Eine Höhle am Wegesrand
Mein erstes Gipfelkreuz- der Peilstein
Mein erstes Gipfelkreuz- der Peilstein
Blick zurück- den hohen Meindling habe ich heute bestiegen
Blick zurück- den hohen Meindling habe ich heute bestiegen
Schöne Waldwege
Schöne Waldwege